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«Die Stadt Basel braucht den Dialog»

Heinz Kleger, Professor für politische Theorie an der Universität Potsdam, über die Chancen der kooperativen Stadt.

Heinz Kleger: "Die Stadtplanung befasst sich mit Menschen, auch wenn man über Strukturen und Häuser redet."

(Foto: Copyright Dominik Labhardt)


Aufgrund ernster Schwierigkeiten müssen heute die Städte aktiver werden. Sie sind wieder im Kommen, wenn sie es selber verstehen, zu kooperativen, sozialen, nachhaltigen und gemischten Städten zu werden.


Von Heinz Kleger

Breite Dialogprozesse sind dabei eine angemessene Reaktion auf die absehbare Beschleunigung des Wandels, der Globalisierung und der Umweltkrise. Die Eckpunkte für städtische Entwicklung müssen neu definiert werden. Zudem sind Ansätze zu einer Integration von Politikfeldern in der Stadtpolitik voranzutreiben. Dies setzt eine städtische politische Theorie voraus, deren Ausgangspunkt und Horizont eine politisch verstandene Urbanität ist.

Verbindliche Dialoge
Dialoge sind im Vorfeld von Entscheidungen angesiedelt. Sie suchen zunächst das gemeinsame Verstehen und dann verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Dialoge suchen auch den Konsens, sie setzen zumindest die Bereitschaft zu einer kooperativen Wahrheitssuche voraus. Das 1991 vom Senator für Stadtentwicklung gegründete Stadtforum Berlin war ein gutes und erfolgreiches Beispiel für einen breiten Fachdialog in schwieriger Situation: das Zusammenführen von Ost- und Westberlin nach der Wende 1989. Es gibt aber auch noch andere Beispiele aus Heidelberg, Hannover, München, Zürich, Helsinki usw.
Auch Basel kennt die Tradition einer Gesprächskultur zur besseren Lösung von politischen Problemen, denken wir nur an das Basler Regio-Forum, die Öko-Stadt, die Fremden- und Drogenstammtische. Daran kann angeknüpft werden, wenn es heute darum geht, die Stadt insgesamt zu neuen Ufern zu führen. Die Stadt Basel braucht den Dialog. Grundsätzlich sind alle Einwohner einer Stadt zur Teilhabe an solchen Dialogprozessen berechtigt. Niemand darf prinzipiell ausgeschlossen werden. Die vorschnelle Abschottung gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit ist unerwünscht. Das Zusammenspiel mit den lokalen und regionalen Medien ist besonders wichtig. Die Heterogenität der städtischen Gesellschaft kann in einem solchen Dialogprozess nicht übersprungen werden. Sie ist vielmehr ein Anliegen der kooperativen Stadt selber. Diese ist nämlich auf den Versuch gerichtet, in einer schwierigen Situation möglichst viele Positionen an mehreren Runden Tischen zu versammeln. In der «Werkstadt Basel» heissen diese Runden Tische Innovationswerkstätten und Konsens-Konferenzen. Wichtig dabei ist, dass verbindliche Diskussionen geführt werden.

Umsetzungsorientiert
Die Leute aus Politik und Verwaltung verpflichten sich, Ergebnisse ernsthaft zu erörtern, Schlussfolgerungen abzuleiten und Ablehnungen zu begründen. Zur Glaubwürdigkeit gehört auch, dass sie sich als «oberste Zuhörer» an den Sitzungen beteiligen. Auf diese Weise können verschiedene Problemlösungsvarianten ausgelotet werden, Handlungsspielräume erkannt sowie Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Das Vorgehen ist ziel- und ergebnisorientiert, aber auch offen und prozessorientiert. Die «Werkstadt Basel» spricht von einem umsetzungsorientierten öffentlichen Prozess. Er beinhaltet ein optimales partizipatives Modell durch die Kombination von Elementen aus Innovationswerkstätten und Konsenskonferenzen. Es soll vor allem die Stadtbürger mobilisieren, sie bestimmen die Themen und versuchen zu konsensorientierten Lösungen zu kommen. Die Regierung nimmt sie in ihrem eigenen Interesse auf und versucht sie soweit als möglich auch umzusetzen.
Heute sind vorwiegend die Developer die Bauherren. Man muss ihnen die Randbedingungen verändern, damit sie stadtverträglich bauen. Auch in bezug auf die Nutzungsmischung, die feinkörniger werden muss, gilt das gleiche. Zudem ist die bewohnte Stadt vor allem in der Innenstadt durch Büronutzungen gefährdet. Die Funktionsmischung sollte durchgesetzt und nicht nur ermöglicht werden. Die Verdichtung soll dabei immer mit dem Grün zusammen gesehen werden. Für die Diskussion neuer Strategien muss man sich deshalb Zeit nehmen. Die Stadtplanung befasst sich immer mit Menschen, auch wenn man über Strukturen und Häuser redet. Man muss sich aber auch zutrauen, neue Konzepte zu realisieren.
All diese Punkte gehen die Bürger an. Sie haben dazu etwas zu sagen. Die Städte brauchen den Dialog ­ über sich und über sich hinaus. Sie sollten sich stärker vernetzen. Sie sollten lernen, gemeinsame Strategien zu entwickeln und sich nach aussen darzustellen. Ein Europa der Regionen wird sich nur dann entwickeln können, wenn die Städte als Motoren auch gemeinsam vorgehen.

Heinz Kleger ist Professor für politische Theorie an der Universität Potsdam.

(Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Basler Zeitung; copyright Basler Zeitung 1997)

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